Ursachen – Wieso scheitern zahlreiche Veränderungsvorhaben?


Um es gleich vorweg zu nehmen: Die wirklichen Ursachen für jedes nicht erfolgreiche Veränderungsvorhaben können, sofern die Absicht besteht und man sich nicht mit schnellen Antworten zufrieden gibt, identifiziert werden. Diese sind je nach Situation sehr unterschiedlich und treten in den meisten Fällen als Kombinationen auf.

In einigen Fällen werden Erkenntnisse von Untersuchungen auf Skepsis, Unverständnis und Widerstand stossen, denn zur Beseitigung der Ursachen ist mehr notwendig als finanzielle Anreize für beteiligte Menschen, oder der Einsatz von geeigneteren Tools.

Die häufigsten Ursachen werden nachfolgend aufgeführt und mit ergänzenden Angaben erklärt. Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, jedoch auf „Dominanz“. Die einzelnen „Punkte“ sind absichtlich weder nach Wirkungsintensität noch nach Aufwand zu deren Beseitung sortiert.

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unzureichendes Engagement des Managements

 

Unzureichende Unterstützung des Top-Managements bedeutet nicht, dass die verantwortlichen Führungskräfte keine Zeit für Veränderungsvorhaben zur Verfügung stellen. Es bedeutet, dass sie sich nicht aktiv beteiligen und sich zuwenig Zeit dafür nehmen. Veränderungen sind begleitet von Unsicherheiten, Widersprüchen, Widerständen, etc. Die beteiligten / betroffenen Menschen haben ein sehr feines Gespür für den Zusammenhang zwischen der Bedeutung eines Vorhabens und dem Interesse von Führungskräften. Wenn der Eindruck entsteht, dass Führungskräfte einem Vorhaben nicht die erforderliche Aufmerksamkeit schenken, werden sich auch die involvierten Personen, insbesondere die Schlüsselpersonen, deren Wissen an verschiedenen Stellen gefragt ist, auf andere Arbeiten konzentrieren. Veränderungen zu begleiten muss im ureigenen Interesse des Top-Managements liegen. Es gibt einen eklatanten Unterschied zwischen dem Koordinieren von Routinearbeiten und dem Wegweisen in unsicherem Gelände. Vor allem bei Veränderungsvorhaben haben Devisen wie „no news are good news“ oder „mangement by exception“ keine Berechtigung.

unklare Zielsetzungen

Mit einem Veränderungsvorhaben soll von einem unbefriedigenden IST-Zustand zu einem erstrebenswerten SOLL-Zustand gelangt werden. Für diesen erstrebenswerte SOLL-Zustand gibt, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, verschiedene Alternativen (Lösungen) und Handlungsoptionen. Um die passende Lösung wie auch das geeignete Vorgehen auszuwählen ist es notwendig zu Beginn aufgrund von Anforderungen, Erwartungen, Bedürfnissen, etc. konkrete Ziele zu formulieren. Diejenige Lösung, welche die Ziele am besten erfüllt, kann für die jeweilige Aufgabenstellung als passend bezeichnet werden. Werden die Ziele nicht, unvollständig oder zu wenig genau rsp. konkret festgelegt, dann ist es nahezu ausgeschlossen den Erfolg sicherzustellen. Lediglich der Ordnung halber sei darauf hingewiesen, dass Ziele eine wichtige Voraussetzung für die Sinnhaftigkeit und Motivation aller beteiligten Personen sind.

unzureichende Integration der Beteiligten

Die Überschrift hätte durchaus auch „fehlende Sinnhaftigkeit bei den Beteiligten“ oder „unzureichendes Engagement der Beteiligten“ lauten können. Wer davon ausgeht, dass Veränderungsvorhaben autonom durch eine dedizierte Gruppe von Experten vorbereitet und isoliert durch ein paar Spezialisten in einem „geschützten Umfeld“ durchgeführt werden können, darf sich über die Reaktionen nicht wundern. Es gilt „mache Betroffene zu Beteiligte“! Wie Menschen reagieren, wenn Sie sich nicht gerecht behandelt oder ausgegrenzt fühlen, dürfte hinlänglich bekannt sein. Das Kontinuum des Verhaltens geht von Gleichgültigkeit über offensichtlichen und  .. Widerstand bis zu umgepolter Energie (denen zeigen wir jetzt, dass das nicht funktioniert).

ungenügende Erfahrung im Umgang mit Veränderungen

Viele Unternehmen sind ausgesprochen kompetent in der Bewältigung von wiederkehrenden Routinearbeiten. Sie verfügen über fähige Führungskräfte und Mitarbeiter und über etablierte Produkte und Dienstleistungen. Bei der Umsetzung von bedeutenden Veränderungen kommen sie jedoch an ihre Grenzen. Sowohl Wissen wie auch Kompetenzen für die Umsetzung von Veränderungen unterscheiden sich in hohem Masse von Wissen und Fähigkeiten für den Umgang mit dem Tagesgeschäft. Diesen Sachverhalt zu erkennen und zu akzeptieren fällt vor allem vielen Führungskräften schwer.

Ressourcenknappheit

Für die Umsetzung von Veränderungsvorhaben werden personelle Ressourcen benötigt und zwar die für die entsprechenden Aufgaben qualifizierten Menschen in der erforderlichen … Der von vielen Führungskräften erhoffte „best case“ wird nicht eintreffen. Insbesondere nicht für Vorhaben, welche aufgrund der Aufgabenstellung und der Rahmenbedingungen von grosser Unsicherheit und Dynamik geprägt ist. Die erforderlichen personellen Ressourcen sind aufgrund von Fakten, aber auch abgestützt auf Erfahrungswerten aufgrund von vergleichbarer Vorhaben bereitzustellen. Zeitlicher Druck hat sicherlich einen Einfluss sowohl auf die Priorisierung wie auch auf die Effizienz. Doch mit zu wenig personelle Ressourcen kann kein Vorhaben erfolgreich abgeschlossen werden.

Defizite bei der Kommunikation

Oft werden von Veränderungen betroffene Mitarbeiter als uninteressiert oder veränderungsresistenz bezeichnet. Sie sind vom Vorhaben nicht überzeugt und zur Mitarbeit nicht oder nur sehr eingeschränkt bereit. Die damit verbundenen Auswirkungen dürften auf der Hand liegen. Veränderungen mit solchen Voraussetzungen erfolgreich umsetzen zu wollen, ist illusorisch. Die Gründe dafür liegen (auch) in einer unprofessionellen Kommunikation. In vielen Fällen werden die betroffenen Mitarbeiter zu spät, unvollständig und oberflächlich informiert. Wer Menschen überzeugen und bewegen will, muss selber überzeugend auftreten und sich bewegen. Menschen haben ein feines Gespür, wenn es darum geht „zwischen den Zeilen zu lesen“. Was nicht konkret gesagt wird, führt als Konsequenz zu Interpretationen und Gerüchten.

zu hohe Komplexität

Der Grad der Komplexität eines Vorhabens ist ein entscheidender Erfolgsfaktor und wird in vielen Fällen unterschätzt oder vollständig ausgeblendet. Etwas vereinfacht formuliert repräsentiert die Komplexität eines Systems dessen Verhalten. Davon ausgehend kann die Beherrschbarkeit und damit verbunden die Planbarkeit abgeleitet werden. Eine Erhöhung der Komplexität führt zu einer Reduktion der Vorhersehbarkeit des Verhaltens. Die Komplexität von Veränderungen ist, dies liegt in der Natur der Sache, hoch und vor allem höher als von den Verantwortlichen erwartet. Anstatt nun die Komplexität von solchen Vorhaben zu verringern, wird sie meist unbewusst durch zahlreiche Massnahmen erhöht.

ungeeignete Strukturen

Die vorhandenen Strukturen (Aufbau-/Ablaufstrukturen) sind in den Unternehmungen auf die Bewältigungen des Tagesgeschäfts ausgerichtet. Um Veränderungen erfolgreich umsetzen zu können, bedarf es einer Anpassung dieser Strukturen. Dass Veränderungen spätestens bei deren Einführung die betrieblichen Abläufe verändern, ist allgemein bekannt und punktuell auch gewollt. Dass solche Vorhaben jedoch auch bei deren Umsetzung nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf die Organisation haben, überrascht vielfach. Die Vorstellung, dass Veränderungen in bestehenden Strukturen umgesetzt werden können, darf im besten Fall als naiv bezeichnet werden.

unpassendes Design

Mit Design ist die Art und Weise, wie ein Veränderungsvorhaben umgesetzt wird, gemeint. Es stehen klassische, agile sowie hybride Vorgehensmethoden mit den jeweiligen Techniken und Hilfsmitteln zur Verfügung. Massgebliche Faktoren zur Beurteilung und Auswahl sind die Merkmale der Aufgabenstellung sowie die Unternehmenskultur. Wenn das Vorgehen nicht zum Vorhaben und zum genetischen Code der Unternehmung passt, klappt’s auch nicht mit dem Erfolg. Bei vielen Veränderungsvorhaben wird dieser Aspekt zuwenig beachtet, es werden dogmatische Ansichten vertreten oder ganz einfach ein Ansatz „one fits all“ verfolgt. Eine erfolgreiche Umsetzung von Veränderungen erfordert ein passendes Vorgehensmodell.

dogmatisches Führungsverhalten

Veränderungsvorhaben zeichnen sich durch einen hohen Grad an Komplexität, Unsicherheit, Widersprüchen, Paradoxa, etc. aus. Es müssen – auf strategischer und operativer Ebene – notwendige strukturelle, organisatorische und ggf. kulturelle Voraussetzungen geschaffen, Konflikte gelöst, Entscheidungen getroffen und Verhaltensregeln eingehalten werden. Diese Aufzählung erhebt absolut keinen Anspruch an Vollständigkeit. Es braucht Führung! Die genaue Ausgestaltung der Führungsaufgaben und das Führungsverhalten stehen in Abhängigkeit von zahlreichen Einflussfaktoren, u.a.zur jeweiligen Aufgabenstellung. Historisch gewachsene Führungsgrundsätzen dogmatisch zu vertreten muss als Zeichen der Schwäche betrachtet werden. Wenn mit Veränderungen beauftragte Führungskräfte vom der obersten Führungsspitze nicht konsequent unterstützt werden, zeugt dies nicht von Seniorität. Opportunistisches Denken ist vor allem bei Veränderungsvorhaben weder zielführend noch sinnstiftend.

zu schnell, zu optimistisch, zu ambitiös

 

Positives Denken, Leistungsorientierung, Selbstsicherheit, und weitere weit verbreitete Ansichten sind, den jeweiligen Situation entsprechend angewendet, sicherlich richtig und förderlich. Doch sie können, in extremer Ausprägung, eben auch gegenteilige Auswirkungen haben. So können positives Denken, Leistungsorientierung und Selbstsicherheit zu Realitätsverlust, Selbstüberschätzung und Masslosigkeit führen. Die besten Voraussetzungen um ein Veränderungsvorhaben mit viel zu viel Anforderungen zu „überladen“, es auf unrealistische Ziele auszurichten und überhastet zu starten.


 

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